Die bemerkenswerte Höhle Charkadio
Es hat schon Reiseberichte gegeben, in denen es die
Schriftsteller belustigend fanden, dass einem auf Tilos überall Elefanten
begegnen. Auf Wandmalereien, Speisekarten, als Plastikmodell z.B. auf Schreibtischen,
ja sogar als leider inzwischen verblasstes Riesengemälde auf einem Felsen
nahe der Hafeneinfahrt kann man individuell sehr unter-schiedliche Elefanten
treffen. Für Geologen und Paläontologen oder interessierte Laien
ist Tilos jedoch über alle Grenzen hinweg ein Begriff.
Wandmalerei 300 m vor Tilos Hafen
In der Höhle Charkadio bei dem Kastro Mesaria an der Straße zwischen Livadia und Megalo Chorio wurden von dem griechischen Wissenschaftler Prof. Nikolaos Symeonidis bei Ausgrabungen im Jahr 1971 viele Knochen von Zwergelefanten entdeckt. In den Jahren 1971 bis 1976 fanden gemeinsame Ausgrabungen der Universität Athen und des Naturhistorischen Museums Wien statt. Seither graben die Paläontologen der Uni Athen unter der Leitung von Prof. Symeonidis und Prof. Theodorou fast jedes Jahr auf Tilos.
Die Zwergelefanten stammen von dem großen Waldelefanten Elephas antiquus ab, der während der Eiszeit im Mediterrangebiet lebte. Er hatte eine Schulterhöhe von 4,50 m. Genetisch steht er dem Indischen Elefanten näher als dem Afrikanischen. Zu einem Mammut bestehen keine stammesgeschichtlichen Zusammenhänge.
Mit der Radio-Karbonmethode wurden Knochen in den Siebzigerjahren datiert. Diese Untersuchungen ergaben Alterswerte von 7090+/-680 und 4390+/- 600 Jahren. Demnach wären die Elefanten wesentlich jünger als die Funde auf den anderen Mittelmeerinseln und tatsächlich die jüngsten Elefanten Europas! Das wäre durchaus möglich. Die Wissenschaftler sind gerade dabei, dieses Problem nochmals aufzurollen und hoffen in ein oder zwei Jahren Ergebnisse zu haben.
Knochen von Hirschen aus den tiefsten Ausgrabungen der Höhle bezeugen die frühere Landverbindung der Insel mit Kleinasien. Ablagerungen in weniger als 4 m Tiefe stammen aus einer Zeit, als Tilos bereits vom Festland abgetrennt war. In diesen Schichten wurden die Knochen der Zwergelefantenart Palaeoloxodon antiquus mnaidriensis gefunden. Darüber, in 2,80 bis 1,00 m Tiefe, liegen Reste des noch kleineren Elefanten Palaeloxodon antiquus falconeri. Hier findet die neueste Grabungskampagne statt.
Knochenfragmente Tilos-Elefant
Quelle: Natuurmuseum Rotterdam Foto:Jaap van Leeuwen
Die Höhle Charkadio übrigens wurde von der UNESCO-Konferenz Mittelmeer 2000 am 15.9.1997 eröffnet.
Wir danken Herrn Dr. Heinz A. Kollmann vom Naturhistorischen Museum Wien für seinen fachlichen Rat und verweisen hierzu auch auf seinen Artikel.
Weiter Informationen:
30 Jahre Grabungen nach Zwergelefanten auf der Insel
Tilos
von Heinz A. Kollmann
PDF-File
- Seite5 (Forschung)
Natuurmuseum Rotterdam
http://www.nmr.nl/werkstCC.html
Spilia Harkadio von Jochen Duckeck
http://www.showcaves.com/english/gr/caves/Harkadhio.html
Die Wissenschaftler begründen den Zwergwuchs der Elefanten als Überlebensstrategie bei beschränktem Nahrungsangebot auf der Insel. Die Frage der Isolierung der Vorfahren und der Zwergenwüchsigkeit hängt auch weitgehend mit dem Alter zusammen. Dieser Vorgang kann mehrmals stattgefunden haben. Ein Zusammenhang mit dem Ende der Eiszeit und dem damit verbundenen Ansteigen des Meeresspiegels, der ja nahe liegend wäre, ist derzeit nicht zu erkennen, weil die Zeiten nach jetzigem Kenntnisstand zu weit auseinander liegen. Ein durchaus spannendes Kapitel also, nicht nur für Fachleute. Daher gehört die Höhle zu den bedeutendsten paläontologischen Fundstellen Europas.
In dem kleinen Museum beim Bürgermeisteramt in Megalo Chorio sind einige der Funde zu besichtigen. Das Museum ist täglich außer Sonntags von 9-14 h geöffnet. Außerhalb der Öffnungszeiten kann man sich den Schlüssel im Bürgermeisteramt besorgen. Ein neues Museum entsteht zur Zeit unterhalb der Höhle beim Eingang zum Theater. Eine Besichtigung der Höhle selbst ist nicht möglich. Weitere Fundstücke und Rekonstruktionen befinden sich natürlich im Paläontologischen Museum der Universität in Athen, im Naturhistorischen Museum Wien und sogar bis in das Naturkundemuseum von Rotterdam/NL haben es die kleinen Elefanten von Tilos geschafft. Kein Grund also, sich über die „Plastikelefanten von Tilos“ lustig zu machen.
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